Jungfrau Marathon 2015

Ein episches Lauferlebnis!

Ausführlicher Bericht und viele Fotos vom Jungfraumarathon in der Schweiz (42,195 km / 1.800 hm)

 Aufgrund meiner Passion für die Berge und den Laufsport war es wahrscheinlich unvermeidlich, irgendwann auf den Jungfrau Marathon im Berner Oberland zu stoßen. Nachdem der Österreicher Markus Hohenwarter im Jahr 2011 am Fuße von Eiger, Mönch und Jungfrau gar gewonnen hatte, war ich durch viele Bild- und Videoberichte endgültig dem Thema verfallen. Die Größe der Herausforderung ließ mich das Projekt vorerst als Geburtstagsgeschenk zu meinem 40er evident halten. Immerhin standen nebst der offiziellen Marathondistanz von 42,195 auch noch 1.800 Höhenmeter auf der Rennausschreibung. Schließlich konnte ich es aber nicht mehr erwarten und löste im zarten Alter von 37 mein Ticket :)

Nach alljährlichem Höhenmeterhamstern auf Tourenski im Winter und Tempobolzen im Frühjahr (Halbmarathon Salzburg, mal wieder knapp an 1:30 h gescheitert) ging es an die dreimonatige spezifische Rennvorbereitung. Nach einigen Recherchen modelte ich mir einen Steffny-Marathontrainingsplan für Zielzeit 3:30 h anforderungsgerecht um.  Ich garnierte die Trainingsläufe 2 – 3 mal in der Woche immer mit satten Höhenmetern.  Auf Tempotrainings verzichtete ich zumeist, was mir nicht sehr schwer fiel :). Somit kam ich in den Genuss vieler schöner Trainingsläufe in meinen heimischen Bergen in Salzburg. Beim langen Wochenendlauf beschränkte ich mich auf Distanzen um die 25 Kilometer, baute aber immer ca. 1.000 Höhenmeter im großteils leichten Gelände mit ein. Dieses Kalkül sollte später noch für mich ganz gut aufgehen.

Als wir uns dann am 11. September in Richtung Schweiz aufmachten, war ich trotz des guten Trainingsverlaufes emotional leider etwas am Boden. Halsschmerzen und Erschöpfungszustände vermiesten mir die Vorfreude massiv. Bis hin zu ernsten Bedenken, das Rennen gar nicht aufnehmen zu können. Letztlich trudelten wir aber frühnachmittags doch via München, Bregenz und Zürich im Berner Oberland ein und bezogen unsere Absteige im Hotel Blume. Dieses lag nur einen Steinwurf vom Startareal in Interlaken entfernt. Am Weg zur Startnummernausgabe nahm ich das erste Mal visuelle Tuchfühlung mit dem Jungfraumassiv auf. Der Viertausender lag imposant und frisch angezuckert hoch über dem noblen Urlaubsort Interlaken. Vom Nudelangebot bei der obligatorischen Pastaparty im Veranstaltungszelt machte ich natürlich umfassend Gebrauch.

 

Frisch gestärkt gelang es auch die Zweifel an meiner Fitness auszublenden und mich am nächsten Tag halbwegs optimistisch an der Startlinie einzufinden. Das Wetter ist natürlich ein ungemein bestimmender Faktor bei dieser Laufveranstaltung. Offensichtlich war Sportlern und Veranstaltern der Wettergott hold, es kündigte sich mitten in der wechselhaften Wetterperiode ein Rennsamstag mit strahlendem Sonnenschein und ca. 23 Grad im Tal an. Gemeinsam mit 4.600 anderen Laufsportenthusiasten ging es schließlich um 09:00 Uhr los.

 

Die ersten fünf Kilometer verliefen flach durch Interlaken über Bönigen am Brienzer See nach Wilderswil. Ich versuchte hier möglichst locker meinen Rhythmus zu finden und hörte immer noch leicht verunsichert auf jedes Signal im Körper. Stur blieb ich bei meiner im Vorfeld festgelegten Taktik, die ersten Flachpassagen grob in einem Schnitt von 5:20 Min anzugehen um am zweiten Teil noch genügend Körner zu haben. Dies nagelte mich vorerst im Mittelfeld mit dem üblichen Gedränge auf den teils recht schmalen Uferwegen fest. Mit jedem Kilometer fühlte ich mich etwas besser, ließ mich aber noch nicht zu einer Tempoverschärfung verleiten. Die Pace mancher Mitläufer im Flachen kam mir tendenziell zu schnell vor. Eine Einschätzung, die mich auch nicht täuschen sollte.

 

Nach Kilometer 10 ging es in die ersten kleinen Rampen, welche meine Mitstreiter ringsherum größtenteils stark einbremsten. Für mich waren diese Wellen aber fast eine kleine Wohltat. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich mir plötzlich gute Form bescheinigen. Nun fühlte ich mich kräftig und begann dosiert hochzuschalten. Während sich die ersten Läufer schon bei Kilometer 13 mit Krämpfen plagten, war ich endgültig im Rennen angekommen. Durch das enge Zweilütschinental ging es auf den nächsten welligen Kilometern weiter. Begleitet von den Anfeuerungsrufen der Bahninsassen, die Angehörigen und Freunden auf der Strecke folgten. Der Blick stets auf das Jungfraumassiv gerichtet, welches das Tal begrenzte und noch kommende Höhenmeter stets in Erinnerung rief. Ich achtete darauf, mich ausreichend zu ernähren und viel zu trinken. Bei den Labestationen nahm ich Tempo heraus, um nicht wie sonst üblich drei Viertel des Getränkes über Gesicht und Trikot zu verteilen. Heute ging es nicht um Sekunden.

 

Mit der Ortschaft Lauterbrunnen wartete bei Kilometer 20 ein erstes Wiedersehen mit Andrea. Sie hatte nach dem Start ebenfalls die Jungfraubahn bestiegen um mir voraus zu reisen. Nach dem stimmungsvollen Durchlauf in Lauterbrunnen (unzählige Zuschauer, Musikkapelle etc ...) füllte ich bei ihr meine Magnesiumbestände auf. Damit wollte ich das erste kleine Oberschenkelziehen im Keim ersticken. Während an den senkrechten Wänden hinter dem Dorf die Basejumper ihrem Hobby frönten, drehten wir noch eine 5 km Talschleife, bevor das Rennen bei Kilometer 25 dann richtig losging.

 

Die berüchtigte Wengener Wand hatte auf 2 Kilometern gut 500 Höhenmeter zu bieten, die dem Berg auf einem Serpentinenweg abzutrotzen waren. Hier war ich endgültig in meinem Element und konnte in dieser Passage ca. 300 Positionen gut machen. Die Steilheit des Geländes ließ zwar kein durchgängiges Laufen zu, ein schneller Staccato-Bergaufschritt ist in meiner Amateurliga aber ohnehin kaum langsamer. Als Jäger im Feld hatte ich endgültig mentales Oberwasser, welches sich wenig später noch vielfach hochpotenzieren sollte. Als ich aus dem Wald kommend die ersten Wiesen des Wengener Hochplateaus unter meine Sohlen nahm, tat sich das voll entfaltete Panorama des Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau auf. Ein imposanter Anblick, der selbst ein Salzburger Gebirgskind wie mich in Verzückung versetzte.

 

Der gute Kilometer durch den berühmten Skiort Wengen wurde dann noch zum Sahnehäubchen in dieser Rennsequenz. Im Vorfeld hatte ich viel über die tolle Stimmung dort gelesen und mich entsprechend auf Kilometer 30 gefreut. Ich wurde nicht enttäuscht, Scharen von Zuschauern, Musikanten und nicht zuletzt Andrea trugen mich förmlich durch das Dorf. Nach aller Euphorie meldete sich am Ortsausgang wieder die Stimme der Vernunft und mahnte nicht zu überpacen. Es waren immerhin noch 1.000 Höhenmeter bis auf die kleine Scheidegg abzuarbeiten. Die zahlreichen Krampfpatienten an den Sanitätsstationen bremsten immer wieder meinen Übermut. Ich wollte nicht auch die Dienstleistung der vielen Physios an der Strecke in Anspruch nehmen müssen, obwohl ein derartiges Service ansonsten wirklich einzigartig ist. Generell ist zu sagen, dass die Versorgung der Läufer und das Rahmenprogramm seines gleichen sucht. Da setzt der Jungfraumarathon wirklich neue Standards.

 

Bei Kilometer 35 querte man am Haneggschuß auch die legendäre Lauberhornabfahrt, was ich als Skifan natürlich positiv registrierte. Beim Marathon würde es zwar keinen Salzburger Sieg geben, bei der diesjährigen Weltcup-Abfahrt hatte dies aber Hannes Reichelt ja bereits bravourös erledigt :).  Bei Kilometer 38 wartete am sogenannten „Wixi“ Andrea wieder auf mich. Bis dahin hatte ich mich gut mit einem Wechselspiel aus Laufen und schnellem Bergschritt weiter gearbeitet, während im Feld vornehmlich gegangen wurde. Nach kurzem Zuspruch meiner Begleitung, die per Pedes dann auf direktem Weg ins Ziel abkürzte, konzentrierte ich mich auf die letzte Schlüsselstelle. An der Eigermoräne ging es ca. 2 Kilometer richtig knackig zum höchsten Punkt auf 2.200 Meter. Weiteres Überholen war aufgrund des schmalen Wandersteiges nur mehr schwer möglich. Ich konnte aber auch auf dieser Passage sogar nochmals leicht zusetzen und mich um etliche Ränge verbessern. Beim legendären Dudelsackspieler hatte ich mich dann aber doch saftig weggeschossen, sodass beim kurzen Abwärtsstück Richtung Ziel meine Muskulatur kurz vor der Rebellion stand.

 

Die letzten Meter um den künstlich angelegten See konnte ich trotzdem in Würde und voll positiver Emotion laufen. Letztendlich stand ein Finish von 5:02 h für mich zu Buche. Nach kurzem Überlegen wurde den 2 Minuten nicht nachgetrauert. Zu leicht könnte man im Flachen überziehen und auf der zweiten Hälfte nicht mehr der Jäger mit einer Rangverbesserung von gut 1.000 Plätzen sein. Nachdem ich geduscht und abgefüttert war, genossen wir bei einem Bierchen das traumhafte Bergambiente. Samt legendärer Eiger Nordwand, wo sich schon so viele Dramen abspielten. Für mich war sie Kulisse für ein erhebendes Erlebnis.

 

Über die andere Bergseite ging mittels Bahn via Grindelwald zurück nach Interlaken, wo man in viele glückliche Läuferaugen blicken konnte. Nach einem schönen Abendessen sank ich in die Kissen um am nächsten Tag stolz und glücklich die Heimreise anzutreten.

Danke Jungfraumarathon!

 

Links:

Ausführlicher TV-Bericht vom Jungfrau Marathon 2015 (Kabel TV Bödeli)

Offizielle Website des Jungfrau Marathons

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Kommentare: 4
  • #1

    beat schneider, jm finanzen (Dienstag, 15 September 2015 19:42)

    hallo andi
    toller bericht, gratuliere zu deiner zeit. jeder der da oben ankommt hat schon gewonnen. wäre schön dich auch nächstes jahr am jungfrau-marathon begrüssen zu können
    . gute erholung und weiterhin viel spass beim rennen. keep on running
    beat schneider
    ok jungfrau-marathon finanzen

  • #2

    Georg Lannet (Mittwoch, 16 September 2015 12:34)

    Andi kann dir nur gratulieren - wäre für mich auch eine Herausforderung - vielleicht nächstesmal zu Zweit LG Kapelle TMK Lungötz

  • #3

    Dunja Pitscheider (Freitag, 18 September 2015 07:20)

    Hallo Andi, dein Bericht spricht mir aus der Seele, kam mir beim Durchlesen so vor, als hätte ich ihn selber geschrieben

  • #4

    Conny (Freitag, 18 September 2015 07:31)

    Bravo Andi, für Erfolg und den tollen Bericht. Wie es scheint liefen wir fast gleichzeitig ein